Die große Frage nach dem Warum: Sie beschäftigt viele, die mal mit einer Depression zu tun haben oder hatten – ob durch eigene Erfahrung oder im Umfeld. Dich auch? Hier erfährst du mehr über die Ursachen und Auslöser einer Depression.

Eines schon mal vorab: Die eine Ursache für eine Depression gibt es nicht. Es ist eher so, dass eine Depression entsteht, wenn mehrere Dinge zusammenkommen – und welche das sind, kann wiederum von Person zu Person sehr unterschiedlich sein.

Haben manche ein höheres Risiko für eine Depression als andere?

Ja, das ist in der Tat so. Manche Kinder und Jugendlichen haben ein höheres Risiko, eine Depression zu entwickeln, als andere. Das bedeutet nicht, dass sie in ihrem Leben zwangsläufig eine Depression bekommen – es erhöht aber die Wahrscheinlichkeit.

Es gibt unterschiedliche Faktoren, die das Risiko für die Entstehung einer Depression erhöhen können. Dazu gehören zum einen genetische und andere biologische Faktoren sowie belastende Lebenserfahrungen und Stress. Zum anderen gibt es auch psychologische Faktoren, die zur Entstehung einer Depression beitragen können. Schauen wir uns das mal im Detail an:

1. GENETISCHE / BIOLOGISCHE FAKTOREN

Die Depression ist zu einem gewissen Anteil genetisch bedingt. Das ist ein Grund dafür, dass die Krankheit in manchen Familien gehäuft vorkommt. Wenn nahe Verwandte (Eltern oder Geschwister) an einer Depression erkrankt sind oder waren, erhöht das also auch das eigene Risiko für eine Depression. Aber wie gesagt: Es heißt nicht, dass man auf jeden Fall auch eine Depression bekommt.

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Ein einzelnes „Depressionsgen“ gibt es übrigens nicht. Eine genetische Veranlagung zur Depression entsteht vielmehr durch das Zusammenspiel einer Vielzahl von Genen. Gene beeinflussen viele körperliche Vorgänge. Auf zwei dieser Vorgänge möchten wir einen genaueren Blick werfen.

Chaos im Kopf: Botenstoffe aus dem Takt

Genetische Faktoren können zum einen die Informationsübertragung im Gehirn beeinflussen. Vielleicht hast du schon mal von Botenstoffen im Gehirn gehört: Dazu gehören z.B. Serotonin, Dopamin und Noradrenalin. Man nennt diese Botenstoffe auch „Neurotransmitter“. Ihre Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass die einzelnen Nervenzellen in unserem Gehirn miteinander kommunizieren können. Mithilfe der Botenstoffe sind sie sozusagen im ständigen Austausch miteinander.

Bei manchen Kindern und Jugendlichen mit einer Depression ist der Austausch der Botenstoffe zwischen den Nervenzellen aus dem Gleichgewicht geraten. Das führt vereinfacht gesprochen dazu, dass zu wenig von den Botenstoffen vorhanden ist.

Stress, lass nach! Wenn man nicht mehr abschalten kann

Jeder Mensch ist mit einem sogenannten biologischen Stresssystem ausgestattet. Es ist eine ziemlich schlaue und ziemlich wichtige Einrichtung deines Körpers: In stressigen, herausfordernden oder auch gefährlichen Situationen wird das Stresssystem aktiviert. Dann gibt es uns Energie und hilft uns, die Situation zu meistern. Wenn der Stress zu viel wird, zieht es automatisch die Bremse an – und sorgt dafür, dass wir uns wieder beruhigen können. Belastende Lebensereignisse können dazu beitragen, dass wichtige Teile des Stresssystems aus dem Gleichgewicht geraten. Wenn das passiert, kann sich das Stresssystem in belastenden Situationen eben nicht mehr richtig „herunterfahren“. In der Folge wird mehr von dem Stresshormon Cortisol freigesetzt – und das wiederum führt dazu, dass die körperliche Antwort auf Stress länger anhält. Das äußert sich zum Beispiel in Erschöpfung und Müdigkeit, Magen-Darm-Problemen, Nervosität oder Schlafproblemen.

2. PSYCHISCHE FAKTOREN

Auch wie wir denken und fühlen, hat einen Einfluss darauf, ob wir ein erhöhtes Risiko für eine Depression haben. Man spricht hier auch von bestimmten psychischen Merkmalen. Wenn man zum Beispiel oft sehr negativ über sich selbst und die Zukunft denkt und nur das Schlechte in der Welt sieht, kann das die Entstehung einer Depression fördern. Ebenso wenn man sehr viel grübelt, Angst vor dem Kontakt mit anderen hat oder sich häufig die Schuld an Dingen gibt.

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Angenommen, ich habe ein erhöhtes Risiko für eine Depression – was heißt das für mich?

Es ist ganz wichtig, dass die genannten Faktoren (genetisch/biologisch und psychisch) nicht allein dazu führen, dass sich eine Depression entwickelt. Eine Depression entsteht erst dann, wenn zu diesem erhöhten Risiko noch andere Auslöser wie Stress oder besondere Belastungen hinzukommen – z.B. durch

  • Konflikte in der Familie oder im Freundeskreis,

  • Mobbing in der Schule,

  • den Tod nahestehender Menschen,

  • eine Trennung,

  • Überforderung in der Schule oder Ausbildung,

  • Erfahrung von Gewalt oder Vernachlässigung,

  • psychische oder schwere körperliche Erkrankung bei den Eltern.

Zusammengefasst kann man also sagen: Eine Depression entsteht dann, wenn ein erhöhtes Risiko einerseits und Stress und Belastungen andererseits zusammenkommen. Um das Zusammenspiel aus erhöhtem Risiko und Stress/Belastungen besser zu verstehen, kannst du dir drei Fässer vorstellen.

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Manche Kinder und Jugendlichen haben ein geringeres Risiko für eine Depression. Bei ihnen ist das Fass zunächst beinahe leer (links). Bei anderen ist das Fass schon von vornherein etwas mehr (rechts) oder sehr hoch (Mitte) gefüllt. Das heißt, sie haben ein erhöhtes Risiko für eine Depression. Wenn man viel Stress hat oder starken Belastungen ausgesetzt ist (zum Beispiel durch den Verlust einer nahestehenden Person oder Mobbing), füllt sich das Fass. In manchen Fällen kann es dann überlaufen – eine Depression entsteht. Bei Kindern und Jugendlichen mit erhöhtem Risiko für eine Depression geht das schneller. Da ihr Fass von vornherein schon hoch oder sehr hoch gefüllt war, kann es auch überlaufen, ohne dass viele oder besonders große Belastungen auftreten. Anders ist es bei Kindern und Jugendlichen mit geringem Risiko für eine Depression. Da ihr Fass anfangs beinahe leer ist, entwickeln sie nur dann eine Depression, wenn viele und besonders große Belastungen zusammenkommen.

Gibt es auch Dinge, die vor der Entstehung einer Depression schützen können?

Ja, es gibt eine Reihe sogenannter Schutzfaktoren, die das Risiko für eine Depression verringern können. Sie tragen zu einer höheren Resilienz, d.h. Widerstandsfähigkeit gegenüber psychischen Erkrankungen bei. Denn sie bewirken, dass das Fass schnell überläuft. Dazu gehören zum Beispiel:

  1. Unterstützung durch andere

    Ein gutes Miteinander in der Familie, Unterstützung durch Geschwister, Eltern oder Freund*innen – all das sind Dinge, die uns stark machen. Und die damit auch vor einer Depression schützen können.

  2. Eine positive Einstellung

    Manche Menschen gehen entspannt durchs Leben. Sie sorgen sich selten, achten auf die schönen Dinge und glauben daran, dass das Leben Gutes für sie bereithält. Auch bei negativen Ereignissen gelingt es Ihnen, das Positive nicht aus dem Blick zu lassen. Eine gute Einstellung – die auch das Risiko für eine Depression verringert.

  3. Positiver Umgang mit Stress und negativen Gefühlen

    Stress und negative Erlebnisse, ausgelöst zum Beispiel durch Streit, gehören zum Leben dazu. Auch negative Gefühle, wie Frust oder Ärger, kennt jeder. Menschen, die bei Problemen die Unterstützung anderer suchen, oder versuchen, negative Erlebnisse in einem positiveren Licht zu sehen („Aus Fehlern lernt man!“, „Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine andere!“), haben ein geringeres Risiko für die Entstehung einer Depression.


  4. Selbst die Initiative ergreifen

    Wer Dinge aktiv in die Hand nimmt und eigene Entscheidungen trifft, hat gute Chancen, nicht an einer Depression zu erkranken. Denn Eigeninitiative bedeutet, dass man selbst die Lage im Griff hat.