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Wenn Kinder oder Jugendliche an einer Depression erkranken, kann das zu einer großen Herausforderung für die gesamte Familie werden. Es kommt vor, dass Sie sich als Eltern dann unsicher, teilweise auch überfordert fühlen. Im Umgang mit Ihrem Kind stellen Sie sich jetzt sicher viele Fragen, z.B. „Was kann ich als Elternteil bei einer Depression meines Kindes tun?“, „Wie gehe ich mit Gefühlen von Traurigkeit und Gereiztheit bei meinem depressiven Kind um?“, „Wie verhalte ich mich, wenn mein Kind den Gedanken äußert, sich etwas anzutun?“.

Im Folgenden finden Sie einige Antworten und konkrete Tipps, wie Sie Ihr Kind während der Depression unterstützen können. Denn Sie sind enorm wichtig dafür, dass Ihr Kind die Depression bewältigt. Es geht in der Regel nicht darum, dass Sie als Eltern Ihren Erziehungsstil komplett umstellen. Sie sind nicht die Therapeutin oder der Therapeut Ihres Kindes, sondern Mutter bzw. Vater. Es geht vielmehr darum, (verstärkt) auf positive Verhaltensweisen im Umgang mit Ihrem depressiven Kind zu achten. Wichtig ist, dass Sie Ihr Kind ernst nehmen. Zeigen Sie ihm: „Ich hab dich lieb. Ich unterstütze dich. Wir schaffen das.“ Ein depressives Kind kann viele Gefühle in Ihnen auslösen: Sie können Schuldgefühle gegenüber Ihrem Kind haben, Hilflosigkeit verspüren oder Angst, Traurigkeit, Wut und Ärger empfinden. Es ist verständlich und normal, wenn Sie solche Gefühle bei sich wahrnehmen. Es ist aber auch wichtig, dass Sie Ihr eigenes Wohlbefinden nicht außer Acht lassen und sich als Eltern rechtzeitig professionelle Hilfe suchen, wenn Sie merken, dass Sie an Ihre Belastungsgrenze kommen. Wenden Sie sich dann z.B. an Erziehungsberatungsstellen oder an geeignete Psychotherapeut*innen für Erwachsene (weitere Informationen unter bptk.de). Hier finden Sie Anlaufstellen.

AUFMERKSAM SEIN FÜR GEFÜHLE UND STIMMUNGEN

Seien Sie aufmerksam für die Gefühle und Stimmungen Ihres Kindes

  • Depressive Kinder und Jugendliche leiden oft unter schlechter Stimmung – sie sind traurig, gereizt oder freudlos. Es ist wichtig, dass Sie aufmerksam für solche Stimmungsveränderungen bei Ihrem Kind sind und Ihr Kind unterstützen. Signalisieren Sie Ihrem Kind, dass Sie seine Stimmung wahrnehmen – und sprechen Sie es sensibel auf seine Gefühle an, z.B. so: „Ich merke, dass du in letzter Zeit oft traurig und niedergeschlagen bist. Magst du erzählen, was gerade los ist? Ich möchte dir gerne helfen.“

  • Hören Sie Ihrem Kind gut zu, wenn es über seine Gefühle und Probleme sprechen möchte. Fangen Sie Gespräche möglichst dann an, wenn es offen dafür erscheint. Ihr Kind sollte spüren, dass es mit Ihnen über alles, auch schwierige Themen, sprechen kann. Um über schwierige Themen gut sprechen zu können, sollten Sie allein mit Ihrem Kind und in einer ruhigen Umgebung sein. Dann fällt es Ihrem Kind leichter, sich zu öffnen. Versuchen Sie, Ihr Kind auf einfühlsame Art und Weise anzusprechen, z.B. „Du siehst besorgt aus, belastet dich etwas?“ oder „Es hört sich so an, als wärst du wütend. Möchtest du darüber sprechen?“.

  • Es ist von großer Bedeutung, dass Sie zuhören, wenn Ihr Kind über seine Gefühle spricht. Benennen Sie die Gefühle, die Ihr Kind äußert, und fragen Sie nach möglichen Gründen oder Auslösern. Versuchen Sie sich in Ihr Kind hineinzuversetzen und zu verstehen, was es belastet. Machen Sie deutlich: „Ich kann nachvollziehen, welche Gefühle du hast, was du durchlebst.“, auch wenn Ihnen die Gefühle möglicherweise übertrieben vorkommen (z.B. „Ich kann gut verstehen, dass/warum du wütend/enttäuscht bist“). Wenn Sie positive Rückmeldungen geben, fühlt sich Ihr Kind verstanden und geliebt. Es ist wichtig, dass Ihr Kind spürt: „Meine Eltern sind für mich da, wenn es mir nicht gut geht.“

MUT MACHEN UND STÄRKEN AUSBAUEN

Machen Sie Ihrem Kind Mut und unterstützen Sie es dabei, seine Stärken auszubauen

  • Es gibt Aussagen, die Ihrem Kind signalisieren, dass seine Gefühle unwichtig sind. Vorwürfe wie „Mach doch nicht immer so ein Gesicht.“ Oder abweisende, herablassende Bemerkungen wie: „So schlimm ist das doch alles nicht. Stell dich mal nicht so an. Es gibt doch keinen Grund, so traurig zu sein.“. Vermeiden Sie solche Aussagen.

  • Die Depression kann der Grund dafür sein, dass negative Gefühle und Probleme ein Gespräch bestimmen. Auch wenn Ihr Kind das Bedürfnis hat, über solche negativen Gefühle und Probleme zu sprechen – weisen Sie auch auf die guten, positiven Dinge hin (z.B. gute, schöne Ereignisse, die gerade stattfinden oder stattgefunden haben, wie gemeinsame Urlaube oder Ausflüge). Hilfreich kann auch sein, ein Tagebuch zu führen, in dem Ihr Kind festhält, was am Tag schön war und besonders gut gelungen ist.

  • Ihr Kind hat spezielle Stärken und Fähigkeiten. Bauen Sie diese Stärken zusammen mit Ihrem Kind weiter aus. Betonen Sie die Dinge, die ihm gut gelingen.

SO WENIG KONFLIKT WIE MÖGLICH

Versuchen Sie Belastungen Ihres Kindes innerhalb und außerhalb der Familie zu reduzieren. Dazu gehören z.B. Streitigkeiten zwischen den Eltern sowie Streitigkeiten zwischen Kind und Eltern.

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  1. Partnerschaftliche Konflikte reduzieren

    Häufige und intensive elterliche Konflikte belasten depressive Kinder und Jugendliche zusätzlich. Es ist aber auch keine Lösung, Konflikten mit der Partnerin oder dem Partner grundsätzlich aus dem Weg zu gehen. Ganz wichtig: Wenn Sie Partnerkonflikte haben, sollte Ihr Kind sich nicht für eine Seite entscheiden müssen. Kritisieren Sie Ihre*n Partner*in nicht persönlich (z.B. „Du bist ein Taugenichts.“; „Du bist so selbstsüchtig.“), sondern nur ganz konkrete Verhaltensweisen (z.B. „Mich stört, dass du dich nicht selbst darum kümmerst, deine Wäsche aufzuräumen“; „Ich ärgere mich, weil du anders als vereinbart zu spät zum Abendessen kommst.“). Falls Sie sehr häufig Konflikte mit Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner haben, holen Sie sich selbst professionelle Hilfe. Hier finden Sie Anlaufstellen.

  2. Konflikte mit Ihrem Kind reduzieren

    Auch Konflikte mit Ihrem Kind lassen sich nicht immer vermeiden. Sie können und sollten sie aber so gut es geht reduzieren. Fragen Sie sich, welche Konflikte nicht so wichtig sind. Und welche Konflikte wichtig oder sogar notwendig für das Wohlergehen und die Sicherheit Ihres Kindes sind. Lassen Sie Konflikte hinter sich, die nicht so wichtig sind, und setzen Sie sich mit den wirklich wichtigen Konfliktpunkten auseinander. Es geht darum, die Konfliktknoten gemeinsam mit Ihrem Kind zu lösen. Was gar nicht geht, ist, Ihr Kind zu beschimpfen und es niederzumachen. Auch wenn Sie viele Konflikte mit Ihrem Kind haben – es braucht Ihre Zuneigung. Versuchen Sie, weiter normale alltägliche Gespräche zu führen. Zeigen Sie Ihrem Kind deutlich: „Ich bin für dich da.“, auch wenn es abweisend auf Sie reagiert. Teenager wünschen sich Liebe und Akzeptanz ihrer Eltern, auch wenn sie das nicht immer zeigen können.

UNTERSTÜTZUNG IM UMGANG MIT STRESS

Ab und an hat jeder Stress. Das ist ganz normal und an sich nicht schädlich. Da Stress aber eine Depression verstärken kann, ist es wichtig, ihn nach Möglichkeit zu reduzieren. Streitigkeiten mit Freund*innen, schulische Überforderungen, generell zu hohe Erwartungen und Anforderungen – all das kann Stress bei Ihrem Kind auslösen.

So können Sie Ihrem Kind helfen und es unterstützen, Stress zu reduzieren:

  • Frust über nicht erreichte Ziele führt zu Stress. Helfen Sie Ihrem Kind, sich realistische, d.h. erreichbare Ziele, zu setzen und Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden. Wenn Ihr Kind beispielsweise wegen einer Erkrankung viel Schulstoff verpasst hat, sind gute Noten in der nächsten Zeit vermutlich unrealistisch. Ein realistisches Ziel wäre: Ihr Kind nimmt sich vor, täglich für eine bestimmte Zeit den verpassten Stoff nachzuholen und konzentriert sich dabei auf die wichtigsten Schulfächer.

  • Helfen Sie Ihrem Kind und unterstützen Sie es, besser zu planen, so dass es nicht unter Zeitdruck gerät oder zu spät mit bestimmten Aufgaben beginnt (z.B. beim Lernen für Prüfungen). Ein übersichtlicher Kalender, in den Ihr Kind Termine einträgt, kann hilfreich sein. Der Zeitplan sollte nicht zu eng getaktet sein und Zeit für Entspannung und Hobbys vorsehen.

  • Pausen sind wichtig, gerade wenn man unter Stress und Zeitdruck steht. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Kind auch mal Lernpausen macht. Ein Wechsel der Umgebung kann guttun: Ihr Kind sollte zwischendrin z.B. mal spazieren oder mit Freund*innen ein Eis essen gehen.

  • Über Stress zu reden kann dazu führen, dass man sich weniger gestresst fühlt. Sprechen Sie Ihr Kind darauf an, wenn Sie das Gefühl haben, dass es gestresst ist. Drängen Sie es aber nicht, wenn es nicht reden möchte.

  • Eine gesunde Lebensweise kann Stress reduzieren. Ermutigen Sie Ihr Kind dazu, auch in Stressphasen gesund zu leben, sich zu bewegen, vernünftig zu essen, ausreichend viel zu schlafen.

  • Jeder Mensch hat eigene Methoden, um sich zu entspannen. Helfen Sie Ihrem Kind dabei, Tätigkeiten zu finden, bei denen es sich entspannen kann. Auch Entspannungsmethoden wie progressive Muskelentspannung, autogenes Training
    oder Atemübungen können Ihrem Kind helfen, Stress zu reduzieren. Solche Entspannungsmethoden kann man sich z.B. in Kursen oder in Online-Videos aneignen.

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Podcast

Thema: Betroffene Unterstützen

Hören Sie doch mal rein!

SUIZIDÄUSSERUNGEN ERNST NEHMEN

Depressive Erkrankungen können sehr belastend und kräftezehrend sein. Während einer Depression erscheint oft vieles negativ und hoffnungslos. Viele Kinder und Jugendliche, bei denen eine Depression erfolgreich behandelt wurde, berichten rückblickend, dass sie während der Erkrankung den Eindruck hatten, ihre Situation werde sich „nie wieder“ bessern und die Depression werde „ewig“ anhalten. Diese hoffnungslosen Gedanken sind Teil der Erkrankung. Eine wichtige Botschaft lautet deshalb: Depression ist gut behandelbar.

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Manche Jugendliche denken in besonders schwierigen Phasen der Erkrankung daran, sich das Leben zu nehmen (Selbstmord-/Suizidgedanken); sogar Kinder haben manchmal solche Gedanken. Oft zögern sie dann, sich jemandem anzuvertrauen, weil sie sich schämen oder die Sorge haben, andere mit ihren Gedanken zu belasten. Oder sie glauben, dass andere sie nicht verstehen und ihnen nicht helfen können. Wichtig ist, solche Gedanken in jedem Fall ernst zu nehmen. Es gibt Wege, diese schweren Krisen mit einer geeigneten Behandlung zu überwinden.

Was tun, wenn mein Kind Suizidgedanken äußert?

  • Wenn Ihr Kind Suizidgedanken äußert oder Sie Hinweise auf Lebensmüdigkeit haben, holen Sie sich Unterstützung. Lassen Sie solche Gedanken unbedingt von einer Fachperson abklären. Wenn Ihr Kind in einer akuten Krise steckt und schnell Hilfe braucht, begleiten Sie Ihr Kind ins nächste Krankenhaus oder rufen Sie den Notarzt (112). Beachten Sie zudem bitte Folgendes:

  • Nehmen Sie lebensmüde Gedanken oder gar Suizidversuche (=Selbstmordversuche) immer ernst. Nehmen Sie auch Äußerungen ernst, die darauf hindeuten, dass Ihr Kind starke Hoffnungslosigkeit empfindet.

  • Lassen Sie sich auf ein Gespräch ein und hören Sie Ihrem Kind zu. Es ist nicht hilfreich, Ihrem Kind lebensmüde Gedanken auszureden, es zu verurteilen oder ihm Vorwürfe zu machen. Machen Sie Ihrem Kind jedoch deutlich: „Dir kann und wird geholfen werden.“

  • Wenn Sie denken, dass Ihr Kind lebensmüde Gedanken hat oder sich etwas antun könnte: Sprechen Sie es darauf an. Oft denken Angehörige, dass sie ihr Kind durch ein Gespräch erst auf den Gedanken bringen könnten, sich etwas anzutun. Diese Vermutung trifft aber nicht zu. Indem Sie Ihrem Kind die Möglichkeit geben, über lebensmüde Gedanken zu sprechen, tragen Sie dazu bei, einen Suizidversuch zu verhindern.

  • Wenn Ihr Kind in Behandlung ist, informieren Sie die Behandlerin oder den Behandler über die lebensmüden Gedanken. Lassen Sie sich von ihr/ihm beraten, was Sie tun können.

Im akuten Notfall (wenn Sie glauben, dass Ihr Kind sich gleich etwas antun wird):

  • Nehmen Sie Ihr Kind ernst.

  • Lassen Sie sich auf ein Gespräch ein. Hören Sie zu und halten Sie das Gespräch im Gang.

  • Rufen Sie den Notarzt (112) oder begleiten Sie Ihr Kind ins nächste Krankenhaus.

  • Lassen Sie Ihr Kind in dieser Situation nicht allein.